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KleiderspendenGute Geschäfte mit alten Kleidern

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Wer seine alten Kleider loswerden will, kann zwischen vielen Abnehmern wählen. Eine davon ist der Altkleidercontainer.

Wer seine alten Kleider loswerden will, kann zwischen vielen Abnehmern wählen. Eine davon ist der Altkleidercontainer.

Köln – Der Kleiderschrank geht nicht mehr zu, höchste Zeit zum Ausmisten. Da ist es praktisch, dass kleine Zettel an den Hausfassaden regelmäßig Termine für Altkleidersammlungen verkünden. Auch Container, in die man Kleider und Schuhe stecken kann, stehen am Straßenrand, oft auch auf Supermarktparkplätzen direkt neben den Altglascontainern.

750 000 Tonnen fallen im Jahr an

Der Kleiderberg, den die Bundesbürger mit ihren ausrangierten Textilien bilden könnten, ist in den letzten Jahren kontinuierlich angewachsen. Ungefähr 750 000 Tonnen sind im Jahr 2007 in der Kleidersammlung gelandet, das sind 115 000 Tonnen mehr als noch Mitte der 1990er Jahre. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für Aufbereitung und Textilien der RWTH Aachen aus dem Jahr 2008.

Tatsächlich ist mit der Menge der alten Klamotten auch die Zahl der Akteure gestiegen, die sich den Altkleider-Markt untereinander aufteilen. Denn der Rohstoff Alt-Textilien hat noch einen beachtlichen Wert. Bis zu 450 Euro pro Tonne werden für Alttextilien gezahlt. Auch die Nachfrage nach noch tragbaren Kleidern steigt. Das bestätigt Ilona Schäfer, Sprecherin des Bundesverbandes der Sekundärrohstoffe und Verwertung in Bonn, dem etwa 130 Textilverwertungsbetriebe angeschlossen sind. "Etwa 40 Prozent der Altkleider kommen als Secondhand-Ware in den Weiterverkauf", sagt Ilona Schäfer.

Allerdings nur ein verschwindend geringer Teil in Deutschland, der Löwenanteil landet in Osteuropa oder Afrika. "Dort sind die Sachen aus Deutschland beliebt, weil sie qualitativ besser sind als Billigware aus China, die es dort sonst zu kaufen gibt", sagt Schäfer. Der Rest kommt in den Schredder und wird als Autoteppich, Füll- oder Isoliermaterial oder Putzlumpen weiterverarbeitet. Die Sortierung und Weiterverwertung übernehmen professionelle Recycling-Betriebe, die auch von karitativen Organisationen beauftragt werden. Der Verkauf der noch tragbaren Kleider hat ein wichtiges Ziel: Dadurch wird die Sortierung und Aufbereitung der nicht mehr tragbaren Textilien quersubventioniert.

Neben den karitativen Organisationen, gibt es zahlreiche kommerzielle Verwertungsbetriebe, die Altkleider sammeln. Auch die wohltätigen Organisationen verkaufen die überschüssigen Textilien an Verwertungsbetriebe. Nur ein geringer Teil landet etwa im Secondhandgeschäft des Deutschen Roten Kreuzes. Die Organisation sammelt in Köln nur noch viermal im Jahr an den Haustüren. "Mit dem Erlös finanzieren wir unserer Projekte, wie zum Beispiel die Hundestaffel", sagt Ismail Bulut von der Geschäftsstelle an der Oskar-Jäger-Straße. Dort gibt es außerdem eine begehbare Kleiderkammer, wo jeden Tag Sachen abgegeben werden können.

Da das Geschäft mit den Altkleidern profitabel ist, zieht es immer größere Kreise. Das Ergebnis sind immer mehr Container. Wer sie aufgestellt hat, ist häufig nicht nachvollziehbar. In Köln bemüht man sich seit Anfang des Jahres den Wildwuchs einzudämmen. "Wenn wir feststellen, dass Container ohne Genehmigung im öffentlichen Raum aufgestellt werden, lassen wir durch Ordnungsamtsmitarbeiter Aufkleber anbringen mit der dringenden Aufforderung die Container zu entsorgen. Wenn das nicht passiert, lassen wir sie entfernen", erklärt Angela Thiemann vom Bauverwaltungsamt. Der Nachteil für die Stadt: Sie bleibt auf den Kosten sitzen.

Dubiosen Sammlern Grundlage entziehen

Im Rhein-Sieg-Kreis ist man hier schon einen Schritt weiter. Hier soll bald die Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG) die Sammlungshoheit für Altkleider übernehmen. Auch die Stadt Düsseldorf sammelt Altkleider schon in Eigenregie.

Und in Bergisch Gladbach sammelt die Stadt demnächst selbst. Grundlage dafür ist das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz. Es regelt, dass die Kommunen bei den werthaltigen Abfällen als Erste zugreifen dürfen. Dabei sollen allerdings die karitativen Organisationen gegen ein entsprechendes Entgelt ins Boot geholt werden. "Verhandlungen über konkrete Modalitäten werden derzeit geführt", so eine Sprecherin der RSAG.

Wenn der kommunale Abfallbetrieb selbst das Sammeln von Altkleidern übernimmt, wird dubiosen Sammlern der Boden entzogen und für die Bürger wird das Verfahren vereinfacht. Nebenbei lässt sich damit auch noch Geld verdienen.

Das Aus für die Gemeinnützigen?

Mit Argwohn betrachten daher die traditionellen Textilverwertungsbetriebe die neue Entwicklung. Ein Branchen-Insider aus Köln, der seinen Namen nicht nennen möchte, glaubt, dass die Kommunen nur auf das Geschäft aus sind. "Die sind doch alle klamm und wittern hier eine gute Geschäftsidee." Das kommunale Engagement ausbaden dürften dann die traditionellen Verwertungsbetriebe und nicht zuletzt auch die karitativen Organisationen, die sich mit dem Einstieg der Kommunen ihr Kerngeschäft auf diesem Gebiet abkaufen ließen. "Das ist der Tod auf Raten für die Gemeinnützigen", so der Insider, der am Know-how der Kommunen für das Textil-Recycling-Geschäft zweifelt. "Am Ende werden das die Bürger ausbaden müssen - über höhere Müllgebühren."

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