Sebastian Goßmann-Jonigkeit aus EngelskirchenTierarzt polarisiert mit Facebook-Post übers Schächten

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Symbolbild.

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Sie haben mit Ihrem Facebook-Text viel Aufsehen erregt. Wer hat sich alles gemeldet?

Sebastian Goßmann-Jonigkeit: Insbesondere Tierschützer, Veganer und Vegetarier.

Haben Sie auch außerhalb von Facebook Rückmeldungen bekommen?

Goßmann-Jonigkeit: Ja, das Feedback von Tierhaltern, deren Tiere bei mir in Behandlung sind, war da und durchweg positiv. Die haben sich gefreut, dass das Thema mal sachlich ohne Hetze beschrieben wurde.

Sie fordern, betäubungsloses Schlachten grundsätzlich und ausnahmslos zu verbieten. Was wäre aus Ihrer Sicht ethisch zulässig?

Goßmann-Jonigkeit: Dass das Tier betäubt wird und bewusstlos in den Tod übergleitet. Das ist das, was wir nach deutschem Gesetz verankert haben. Dass das Tier per Bolzenschuss oder Elektrozange betäubt wird und dann verstirbt, ohne es zu merken.

Der Oberbergische Kreis bestätigt aber: Schächten ohne Betäubung ist sowieso verboten.

Goßmann-Jonigkeit: Mit einer Ausnahmegenehmigung ist es erlaubt. Man muss dafür nachweisen, dass man einer religiösen Richtung zugeordnet wird, die darauf besteht, dass das Tier bei vollem Bewusstsein verstirbt.

Laut Auskunft des Oberbergischen Kreises wurde eine solche Ausnahmegenehmigung in Oberberg noch nie beantragt, also auch nie erteilt.

Goßmann-Jonigkeit: Tatsächlich werden diese Ausnahmeanträge selten gestellt, weil die Auflagen sehr hoch sind. Deshalb wird das Schächten dann aber oft in Hinterhöfen und Hinterzimmern schwarz durchgeführt.

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Was eigentlich halal bedeutet, der Facebook-Post, die Reaktionen darauf und was der Tierarzt davon hält.

Halal ist sehr wackelig definiert

Aber wäre denn der geplante Schlachthof in Neuss, wo ja laut Investor gerade nicht unbetäubt, sondern unter amtlicher Aufsicht gemäß der deutschen Vorschriften mit Betäubung geschächtet werden soll, eine gute Alternative zum illegalen Hinterhofschächten?

Goßmann-Jonigkeit: Das Problem ist: Er möchte Halal-Fleisch anbieten. Halal ist aber sehr wackelig definiert. Eigentlich heißt halal: Die Tiere müssen auf der Weide leben, dürfen nicht misshandelt werden, müssen ein glückliches Leben führen und dann betäubungslos geschächtet werden. Es gibt gerade einen Umbruch, manche Muslime akzeptieren, dass das Tier vor dem Schnitt betäubt wird. Aber die Leute, die darauf bestehen, wird der Investor in Neuss als Kunde verlieren. Er muss sich also entscheiden: Will ich Kunden, die das rigoros durchziehen wollen, oder die, die sagen: Ein bisschen halal reicht mir.

Experten sagen, dass die weitaus meisten der in Deutschland lebenden Muslime Schächten mit vorheriger Betäubung der Tiere akzeptieren.

Goßmann-Jonigkeit: Die weitaus meisten sind aber eben nicht alle.

Beim Opferfest hatte der Oberbergische Kreis zusammen mit dem Moscheeverein letztes Jahr einen Kurs angeboten. Die Teilnehmer haben den „Sachkundenachweis Entbluteschnitt“ erworben. Sie dürfen den Schnitt setzen, das Tier aber weder betäuben noch schlachten. Das bleibt Fachleuten vorbehalten. Was halten Sie von diesem Kurs?

Goßmann-Jonigkeit: Es ist ein Schritt auf dem richtigen Weg, dass die Leute, die das Messer führen, gezeigt bekommen, wie das überhaupt geht. Auch unter der Prämisse, dass das Tier betäubt ist: Es muss trotzdem schnell gehen.

Hat Sie die Wucht überrascht, mit der sich die Sache bei Facebook verselbstständigt hat?

Goßmann-Jonigkeit: Definitiv. Gerade bei Facebook kommt man normalerweise nicht weit ohne Videos und brutale Bilder. Aber auf beides habe ich bewusst verzichtet.

Hatten Sie mal Kontakt mit dem Iman der Moschee gegenüber Ihrer Praxis oder mit Herrn Baharifa, dem Investor aus Neuss?

Goßmann-Jonigkeit: Nein.

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