LadendiebAngeklagter beleidigt Bensberger Richterin – zuvor bespuckte er Polizistin

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Der Schatten einer Frau, die ein Glas Wein trinkt, ist an der Wand in einer Kneipe in Frankfurt (Oder) zu erkennen.  Laut einer aktuellen Studie sterben Alkoholabhängige deutlich früher.

Alkoholkranke verändern mit den Jahren oft ihr Wesen. (Symbolfoto)

Einer Bergisch Gladbacher Polizistin hatte er ins Gesicht gespuckt und kam vor Gericht. Dort beleidigte der 58-Jährige die Richterin. 

Noch einmal an hässlichen Gewaltszenen vorbeigekommen ist das Bergisch Gladbacher Amtsgericht im Strafprozess gegen einen 58-jährigen Angeklagten. Der aus der Haft vorgeführte Mann musste sich wegen eines tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte bei „Aldi“ in der Gladbacher Innenstadt vor Gericht verantworten.

Im Sitzungssaal redete er sich so sehr über die von ihm als skandalös empfundenen Zustände in Gefängnissen und Entziehungsanstalten in Rage, dass er am Ende Staatsanwältin und Richterin lautstark beschimpfte. Indes bewahrten die anwesenden Justiz-Angehörigen die Ruhe. Der Angeklagte bekam auf seine 69 Vorstrafen noch einmal acht Monate drauf – und wegen der Beleidigungen womöglich das nächste Strafverfahren.

Er hat schon viel von Deutschland gesehen – vor allem Gerichtssäle und Gefängnisse

Kippt die Situation oder bleibt es ruhig, fragt sich der Prozessbeobachter an diesem Morgen um kurz nach 9 Uhr in dem überschaubar großen Saal 100. Vorne Richterin und Protokollführer, links vor dem Fenster die Referendarin der Staatsanwaltschaft, rechts, neben der Tür, der Angeklagte Martin M. (Name geändert): groß gewachsen, sehr schlank, graues Haar mit ausgeprägten Geheimratsecken, neben ihm Pflichtverteidiger Dr. Karl-Christoph Bode. In unmittelbarer Nähe sitzen außerdem eine Justizwachtmeisterin und ein Justizwachtmeister, die dem Angeklagten im Saal die Handschellen abgenommen haben.

Martin M. ist gebürtiger Bergischer, zur Welt gekommen vor 58 Jahren in Hückeswagen. Er ist ohne festen Wohnsitz, wenn man die JVA Essen nicht als solchen sehen möchte, und er hat schon viel von Deutschland gesehen – vor allem Gerichtssäle und Gefängnisse.

Festnahme bei Spirituosen-Diebstahl in der Gladbacher Innenstadt

Er weiß, dass er alkoholkrank ist, was ihn immer wieder zu Straftaten bringt. So auch am 9. März vergangenen Jahres bei Aldi in der Gladbacher Rhein-Berg-Galerie, wo er sich Sprit zu stehlen versucht und erwischt wird.

Den beiden jungen Polizisten, die ihn mit zur Wache nehmen wollen, erklärt er, dass er nicht kooperativ sein werde, und dann sperrt er sich nach deren Aussagen, lässt sich auf den Boden fallen, sodass die 32-jährige Polizistin und ihr 27-jähriger Kollege ihn in aller Öffentlichkeit in den Streifenwagen zerren müssen.

Er hat so viel gesagt.
Polizeibeamtin vor Gericht

Vorher spuckt er der Oberkommissarin noch ins Gesicht und trifft sie am Auge. Während der Aktion soll außerdem der Satz gefallen sein, er werde „alle Bullen töten“, woran sich die Zeugen im Prozess allerdings nicht mehr erinnern: „Er hat so viel gesagt.“

In der Verhandlung bestreitet der zur Tatzeit mit etwa 2,8 Promille stark betrunkene Martin M. die Vorwürfe nicht: „Es wird wohl so gewesen sein. Es ist ja schon eine Zeit lang her.“ Als ihn nach den Aussagen der Polizisten Verteidiger Bode vorsichtig auf sein Alkoholproblem und eine etwaige Therapiebereitschaft anspricht, redet er sich in Rage und ist nicht mehr zu bremsen. Die Richterin: „Es reicht.“ Der Angeklagte: „Nein, es reicht nicht.“ Und: „Ihr seid ja nicht ganz dicht.“ Er bremse er sich ja schon, sonst wären die Computer im Raum ja schon kaputt.

Acht Monate Haft ohne Bewährung

Am Ende verurteilt die Richterin ihn wie von der Staatsanwaltschaft beantragt zu acht Monaten Haft wegen tätlichen Angriffs und Widerstandes. „Junge, du hast ja 'ne Schraube locker, Frau“ lautet die Antwort des Angeklagten, „von mir aus kannste da noch zwei Jahre draufpacken“.

Immerhin: Danach lässt er sich die Handschellen wieder anziehen und in die Zelle im Keller zurückführen. Von dort geht es zurück nach Essen. Die nächsten „Ausflüge“ zu weiteren Verfahren bei den Amtsgerichten in Köln und Düsseldorf im Mai sind bereits geplant.

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