Kommentar zu Geflüchteten-UnterkünftenStadt Wesseling stellt Bürger vor vollendete Tatsachen

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Au dem Foto ist das Schulschwimmbad in Wesseling von außen zu sehen.

Das sanierungsbedürftige Schulschwimmbad am Mühlenweg ist in der Diskussion als Platz für geflüchtete und Asyl suchende Menschen.

Die Aufnahme von Geflüchteten geschieht meist dann gut, wenn Verwaltung, Politik und Bürger einen Konsens schaffen. Wesseling hat dies versäumt.

Leicht haben sie es nicht: weder die Verantwortlichen in den Rathäusern noch die ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitikerinnen und -politiker. Schon 2015/2016, im Zuge der ersten Flüchtlingsbewegung, mussten sie ohne lange Vorlaufzeit Entscheidungen treffen; zuvorderst die, wo all die Menschen, die sich auf den Weg nach Europa gemacht hatten, denn wohnen sollten. Die Kommunen mit ihren angespannten Wohnungsmärkten suchten schnelle Lösungen, und die sahen vielerorts die Umwandlung von Sporthallen in Unterkünfte für Geflüchtete vor.

Das Nachsehen hatten Sportvereine und Schulen, die im günstigsten Fall auf andere Hallen ausweichen konnten, im schlechtesten ihr Angebot reduzieren oder gar einstellen mussten. Das Nachsehen hatten auch die Geflüchteten, wurde doch mancherorts aus einem Übergang eine langfristige Lösung. Intimsphäre oder Rückzugsmöglichkeiten? Fehlanzeige!

Sportstätten sollten nie wieder zu Flüchtlingsunterkünften werden

Stattdessen Spannungen und Auseinandersetzungen, gerade unter Bewohnern verschiedener Nationalitäten. Und nicht selten blickten Bürgerinnen und Bürger voller Sorge und Skepsis auf die neuen Nachbarn in den Notunterkünften – zumeist aus Unwissenheit und Unsicherheit. Aber es gab auch eine Willkommenskultur und die Ansage, dass wir das schaffen würden.

Auf die gemachten Erfahrungen zurückblickend haben Verantwortliche in Rathäusern und Stadträten viele Vorsätze getroffen. Einer lautete, dass Sportanlagen im Falle einer zweiten Flüchtlingsbewegung nie wieder zu Wohnstätten umgebaut werden sollten. Nicht alle erinnern sich heute noch daran. So wurden in den Vorjahren unter anderem in Frechen, Bedburg und Kerpen Sporthallen und Veranstaltungshallen umgewidmet.

Sanierungsstau beim Schulschwimmbad geht in die Millionen

Denselben Weg will nun auch Wesseling gehen. Wie in dieser Woche bekannt wurde, sollen in wenigen Monaten dort, wo viele Wesselinger Kinder das Schwimmen gelernt haben, Geflüchtete eine Zuflucht finden: Nach dem Willen der Verwaltungsspitze um Bürgermeister Ralph Manzke (SPD) soll das Schulschwimmbad geschlossen und für die Bedürfnisse Geflüchteter umgebaut werden.

Mehr als 600.000 Euro soll das kosten. Die Entscheidung haben die Verantwortlichen so gefällt, weil das Bad über kurz oder lang nicht mehr weiter hätte betrieben werden können. Der Sanierungsstau geht in die Millionen.

Als Alternativen zum Schwimmbad waren die Halle Urfeld und die Sporthalle Berzdorf geprüft worden, heißt in dem Papier, das am Dienstag in der Sitzung des Stadtrats vorliegt. Beide Optionen seien aber verworfen worden. Auch wenn es dort nicht steht, so glauben Manzke und seine Spitzenbeamten offenbar, die Aufgabe des Schulschwimmbads sei das kleinere Übel. Gleichwohl müssen sie damit gerechnet haben, dass dies nicht ohne Widerspruch bleiben würde.

Offenbar haben sie aber nicht damit gerechnet, dass die Kritik derart scharf ausfallen würde.  Sportvereine, Stadtschulpflegschaft und Privatleute (die unter anderem der DLRG angehören) kündigen an, am Dienstag zum Rathaus zu ziehen, um sich und ihrem Unmut Gehör zu verschaffen.

Das hätte sich leicht verhindern lassen. Allem Anschein nach haben die Verantwortlichen all jene, die das Bad nutzen, nicht eingebunden in ihre Überlegungen. Mehr noch haben sie es nicht für nötig erachtet, einen Plan zu erstellen, wie das Angebot durch das Gartenhallenbad aufgefangen werden kann.

Das daraus erwachsene Unverständnis und die Ablehnung der Pläne ist hausgemacht und hätte leicht verhindert werden können. Jetzt ist Manzke zum ersten Mal als Bürgermeister richtig gefordert.


Um 18 Uhr beschäftigt sich am Dienstag, 23. April, der Wesselinger Stadtrat mit der Unterbringung der Geflüchteten. Es geht auch um einen zweiten Standort: Auf dem städtischen Grundstück an der Berggeiststraße im Gewerbegebiet soll ein Gebäudekomplex für 100 bis 150 Menschen errichtet werden. Dieses Vorhaben hat die Interessengemeinschaft Wesseling-Berzdorf auf den Plan gerufen, die sich dagegen ausspricht. Der Stadtrat tagt im Neuen Rathaus, Alfons-Müller-Platz 1.

Rundschau abonnieren