Hauptversammlung Leverkusener KonzernAktionäre kritisieren den Vorstand von Bayer hart

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Das Bayer-Logo leuchtet auf dem Werksgelände des Konzerns in Leverkusen.

Das Bayer-Logo leuchtet auf dem Werksgelände des Konzerns in Leverkusen.

Bei seiner ersten Hauptversammlung musste Bayer-Chef Bill Anderson viel Kritik von den Aktionären einstecken. Er ist seit zehn Monaten im Amt. 

Ingo Speich vom Fondsanbieter Deka Investment sprach auf der virtuellen Hauptversammlung des Leverkusener Agrochemie und Pharmakonzerns „von einem verlorenen Jahr“. Der Abwärtstrend beim Aktienkurs habe sich beschleunigt. Das Vertrauen der Anleger habe Anderson nicht gewonnen, auch weil auf dem Kapitalmarkt von Bayer im März nichts Konkretes gesagt worden sei. „Das Haus Bayer brennt lichterloh und Sie als Hausherr fangen zuerst einmal an aufzuräumen, anstatt die Brände zu löschen“, kritisierte Speich.

Ein gelungener Start sieht anders aus.
Ingo Speich, Deka Investment

Das zielte auf die neue DSO genannte Arbeitsweise, die den Mitarbeitenden mehr Autonomie, Verantwortung und Gestaltungsspielraum geben soll, bei der aber auch Hierarchie-Ebenen und viele Stellen wegfallen. DSO sei eher Selbstbeschäftigung. „Ein gelungener Start sieht anders aus“, so Speich. Er habe sich mehr von Anderson gewünscht, der jetzt zehn Monate im Amt ist. Weil nicht über einzelne Vorstandsmitglieder abgestimmt wurde, sprach Deka gleich dem gesamten Vorstand das Misstrauen aus und erteilte ihm keine Entlastung.

Ähnlich klang die Kritik bei anderen Aktionärsvertretern. „Wann kommt die Performance zurück?“, fragte Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Neue Wege müsse Bayer beschreiten, auch radikale. Sinkender Aktienkurs, Glyphosat-Klagen in den USA, Rechtsrisiken auch durch PCB-Klagen, auslaufende Patente auf Kassenschlager der Pharmasparte, eine mäßig gefüllte Pharma-Pipeline, hohe Schulden, die große Zukäufe erschweren — die Themen wiederholten sich bei den Rednerinnen und Rednern.

Kritik an der Online-Versammlung

Analysten wurden zitiert, die weitere Rechtsrisiken von bis zu zehn Milliarden Euro bei Glyphosat, ein Wirkstoff in einem Unkrautvernichter, den Kläger in den USA für ihre Krebserkrankung verantwortlich machen, und ebenso hohe bei PCB sehen. „Glyphosat wird zum Fass ohne Boden“, so Speich.

Janne Werning von Union Investment erinnerte daran, dass Bayer vor der Übernahme des US-Konzerns Monsanto, mit der sich Bayer die Glyphosat- und PCB-Probleme ins Haus holte, zeitweise mehr als 100 Milliarden an der Börse wert gewesen sei. „Heute sind es rund 26 Milliarden – weniger als halb so viel wie der Kaufpreis, den Bayer für Monsanto gezahlt hat“, so Werning. Dass das Aktionärstreffen erneut eine Online-Veranstaltung sei, nannte sie eine „verpasste Chance“. „Nur echter Dialog in Präsenz kann Vertrauen schaffen, virtuelles Wegducken nicht“, so Werning.

Bayer-Chef räumt Baustellen ein

Anderson hatte in seiner Rede eingeräumt, dass es große Baustellen gebe. Neben dem Rechtsweg setze Bayer, das betont, dass Glyphosat sicher sei, auch „weitere Ansätze“ zur Lösung des Problems. Mehr als sechzig landwirtschaftliche Gruppen hätten sich zusammengeschlossen, um die amerikanische Landwirtschaft zu unterstützen, indem sie sich für eine wissenschaftsbasierte Regulierung einsetzen, so Anderson. Sie seien besorgt, dass ihr Zugang zu wichtigen, sicheren Pflanzenschutzmitteln gefährdet sei.

„Wir haben unsere Kräfte gebündelt, um sicherzustellen, dass die amerikanischen Landwirte in dieser wichtigen Frage von den Gesetzgebern und der breiten Öffentlichkeit gehört werden“, so Anderson. Bayer habe im vergangenen Jahr Fortschritte gemacht, so der Konzern-Chef. Den Umbau des Unternehmens verteidigte er.

Kritik auch von Menschenrechtlern 

Auch Menschenrechtler kritisierten Bayer. Der Konzern fördere ein Agrarmodell, das zu Nahrungsunsicherheit, Wasserknappheit, extremer Abholzung, Gesundheitsgefahren und Landkonflikten zulasten von Indigenen und Kleinbauern führe. Bayer verstoße gegen die OECD-Leitsätze zum verantwortungsvollen unternehmerischen Handeln. Bayer wies dies zurück.

Der Konzern erlitt 2023 einen Verlust von 2,9 Milliarden bei einem Umsatz von 47,6 Milliarden. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 0,11 Euro pro Aktie erhalten.

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