Weitreichende Veränderungen für Eltern?Kinderärzte fordern Abschaffung der Kinderkrankschreibung

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Ein Vater legt seine Hand auf den Kopf eines Kindes, das im Bett liegt. (Symbolbild)

Ein Vater legt seine Hand auf den Kopf eines Kindes, das im Bett liegt. (Symbolbild)

Die Ärzte argumentieren, sie müssten etwas entscheiden, was sie gar nicht beurteilen könnten: Ob ein Elternteil zu Hause bleiben müsse.

Ist das Kind krank, müssen auch Eltern oft zu Hause bleiben.  Insbesondere wenn es sich um Kleinkinder handelt, ist eine Betreuung zu Hause alternativlos, auch das Arbeiten im Homeoffice ist dann – falls überhaupt generell möglich – schwer realisierbar. Gängige Praxis in solchen Fällen: Der Kinderarzt stellt eine Krankschreibung aus, welches es einem Elternteil ermöglicht, zu Hause zu bleiben

Mit dieser Regelung sind die Kinder- und Jugendärzte in Deutschland allerdings, so wie sie besteht, nicht mehr einverstanden. Sie fordern Reformen beziehungsweise eine Abschaffung der Krankschreibungen von Kindern bei leichten Erkrankungen.

Kinderärzte fordern Abschaffung der Kinderkrankschreibung in gewissen Fällen

„Eltern können harmlose Erkrankungen selbst managen“, sagte der Präsident des Kinderärzteverbands BVKJ, Michael Hubmann, der „Ärztezeitung“ am Donnerstag. Es komme einem „unnötigen Einsatz von pädiatrischen Ressourcen“ gleich, wenn Kinderärzte eine harmlose Krankheit bescheinigen müssten, argumentierte Hubmann.

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„Vor allem aber können wir schlichtweg nicht beurteilen, ob zur Betreuung eines Kindes ein Elternteil zu Hause bleiben muss“, sagte der BVKJ-Präsident. „Absurderweise wird aber genau das von uns gesetzlich verlangt.“ Arztpraxen seien als „Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet“, fügte Hubmann hinzu.

BVKJ-Präsident: Aktuelle Regel verursacht „gesellschaftlichen Schaden“

Unnötige Arbeit bereiteten den Praxen auch Atteste, damit Kinder bei kleineren gesundheitlichen Leiden wieder zurück in die Kita oder die Schule könnten, sagte Hubmann. Er führte dazu folgendes Beispiel an: „Ein Kind hat einen Mückenstich. Die Kita sagt: Das Kind hat einen Hautausschlag. Also hole ich den Papa aus seiner Redaktionskonferenz. Der holt seinen Sohn ab und kommt zu mir in die Praxis.“ Ein solches Szenario sei „kein Witz, das ist Alltag und ein gesellschaftlicher Schaden“.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte vergangenes Jahr Erleichterungen für Eltern bei der Beantragung von Kinderkrankengeld angekündigt. Bisher müssen Eltern möglichst schon am ersten Krankheitstag des Kindes ein ärztliches Attest vorlegen. Um „unsinnige Bürokratie“ zu vermeiden, solle künftig nach Angaben Lauterbachs erst ab dem vierten Krankheitstag ein Arztbesuch notwendig sein.

Karl Lauterbach will Regeln für Kinderkrankschreibung ebenfalls erleichtern

„Wir können den Eltern da vertrauen. Erst ab dem vierten Krankheitstag wird der Arztbesuch notwendig“, sagte der Bundesgesundheitsminister im Oktober 2023 und schürte Hoffnungen, dass die Änderung „am besten noch in dieser Winter-Erkältungssaison“ gelten solle. Der SPD-Politiker hatte dazu Ende vergangenen Jahres ein Eckpunktepapier mit Empfehlungen zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen vorgelegt, bislang ist die Regelung für die Kinderkrankschreibung allerdings nicht grundlegend angetastet worden. 

Für gesetzlich versicherte erkrankte Kinder bis zwölf Jahren können sich Eltern von der Arbeit freistellen lassen. Die Krankenkasse übernimmt einen Großteil des Verdienstausfalls und zahlt Kinderkrankengeld – in der Regel mindestens 90 Prozent des Nettoverdienstes.

Zahl der Kinderkrankentage nach Coronapandemie wieder abgesunken

Die Kinderkrankentage waren während der Coronapandemie von zehn auf 30 Arbeitstage pro Jahr und Elternteil erhöht und nach Ende der Pandemie abgesenkt worden. Für 2024 gilt: Jedes gesetzlich krankenversicherte Elternteil hat einen Anspruch auf 15 Tage Kinderkrankengeld pro Kind für die häusliche Betreuung eines kranken Kindes, bei Alleinerziehenden sind es 30 Arbeitstage.

Ab 2026 soll die Anzahl der Tage wieder auf das Vor-Corona-Niveau abgesenkt werden. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, Eltern erkrankter Kinder freizustellen. (mit afp und kna)

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