Torhüter hört aufThomas Kesslers besonderer Weg beim 1. FC Köln

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Thomas Kessler (1)

Thomas Kessler (hier auf einem Bild aus dem Jahr 2017)

  • Dem FC bleib der Profi (fast) immer treu - in heutigen Zeiten eine echte Ausnahme.
  • Wir beleuchten, was seinen Weg sonst noch so besonders macht.

Köln – Zum Abschied zog sich Thomas Kessler zurück. Als sein letztes Heimspiel als Profi des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln gespielt war, suchte der Torhüter den Weg dorthin, wo er einst als junger Mensch so häufig selbst gestanden hatte. Kessler ließ sich auf den verwaisten Betontreppen der Südtribüne des Rheinenergiestadions nieder und bei einem Kölsch den Blick durch das weite Rund schweifen. Ein Abschied, wie ihn der 34-Jährige als dienstältester aktueller Spieler des FC verdient gehabt hätte, ist ihm am Samstag nach dem 1:1 gegen Eintracht Frankfurt verwehrt geblieben. Statt einer Ehrenrunde vor Zehntausenden ihm zujubelnden Fans lag eine große Stille über Müngersdorf. Schuld war Corona.

„Die Gewissheit, nach 20 Jahren als Spieler dieses unglaublichen Clubs in einem leeren Stadion ohne unsere Fans Abschied nehmen zu müssen, schmerzt schon sehr“, sagte Thomas Kessler im „Geißbockecho“, dem Clubmagazin des 1. FC Köln, mit Blick auf seinen auslaufenden Vertrag, der nicht verlängert wird. Kesslers aktive Karriere beim FC findet somit am Samstag (15.30 Uhr) mit dem Saisonfinale bei Werder Bremen ihren Abschluss.

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Ein Trostspender für das fehlende Bad in der Zuschauermenge war ein Spruchband von FC-Fans, auf das Thomas Kessler am Sonntag traf, als er am Geißbockheim vorfuhr. „Danke für 20 Jahre Charakterstärke und Leidenschaft“, stand darauf geschrieben. Zudem hatte der FC bereits im Frühjahr bei Vermeldung der Nichtvertragsverlängerung angekündigt, Kessler standesgemäß zu verabschieden, wenn wieder Zuschauer im Stadion dabei sein dürfen.

Dem FC (fast) immer treu geblieben

In der Tat verkörpert Thomas Kessler jene Art Profi, die es im sich immer schneller drehenden Fußballkarussell heutzutage kaum noch gibt. Mit Ausnahme von zwei Leihgeschäften zwischen 2010 und 2012 zum FC St. Pauli und zu Eintracht Frankfurt war der Schlussmann dem 1. FC Köln immer treu geblieben. Am Ende hatten sich 14 Jahre als FC-Profi bei dem Kölner Eigengewächs angesammelt, das einst im C-Jugend-Alter von Grün-Weiß Brauweiler zu den Geißböcken gewechselt war.

Momente wie am 19. November 2016, als Thomas Kessler neben dem legendären Freistoßtorschützen Marcel Risse zu einem der Helden des 2:1-Derbysieges bei Borussia Mönchengladbach avancierte, waren trotzdem selten in seiner Laufbahn. Kessler sah beim 1. FC Köln zwar viele Spieler und Trainer kommen und wieder gehen, sein Status als ewige Nummer zwei blieb davon jedoch unberührt. Insgesamt absolvierte Kessler für die Kölner nur 32 Pflichtspiele in der 1. und 2. Bundesliga. Die Tendenz geht offenbar dahin, dass am Samstag keine weitere Partie dazukommen wird. Auf der Bank saß er stattdessen 325 Mal.

Kessler: Der Weg war das besondere

Seinen Wert für den 1. FC Köln hat Thomas Kessler aber ohnehin nie an Einsatzzeiten bemessen. „Ich glaube, dass bei meiner Karriere der Weg das Besondere war.“ Natürlich hat er sich häufig bohrende Fragen anhören müssen. Etwa diese: „Wie kannst du dir das antun?“ Oder: „Hast du denn keine sportlichen Ambitionen?“ Bereut hat er seinen Weg trotzdem nicht: „Ich bin stolz, seit 20 Jahren ein Teil des 1. FC Köln zu sein.“ Dass Kessler trotz weniger Einsatzzeiten immer das Gefühl hatte, gebraucht zu werden, bestärkte ihn in seiner Meinung. „Genau das war für mich der ausschlaggebende Punkt. Der FC ist für mich mehr als nur ein Job“, erklärt der Ersatztorhüter, der sich zusätzlich im Mannschaftsrat als Ansprechpartner engagierte.

Kess-Parade

FC-Torwart Thomas Kessler

Beim 1. FC Köln weiß man Thomas Kesslers Verdienste zu schätzen. Sportchef Horst Heldt sieht in dem Routinier einen „Publikumsliebling“, sein Geschäftsführerkollege Alexander Wehrle einen „jahrelangen Führungsspieler“. Deshalb soll Kessler dem Verein auch nach dem Ende seiner aktiven Karriere erhalten bleiben. Der FC hat ihn bereits für ein neues Management-Programm des DFB und der DFL angemeldet. Sollte die Zusage nicht klappen, kann sich Kessler vorstellen, seine Torhüterkarriere fortzusetzen, wenn auch woanders. Denn eigentlich ist 34 auch kein Alter, um die Handschuhe an den Nagel zu hängen. Es sei denn, der Herzensclub ist im Spiel.

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